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Veröffentlicht am 05. Jun 2018

Der beste Protest

Wie geschieht der Wandel?

»Massentierhaltung abschaffen!« – Dieser Forderung stimmen sehr viele Menschen zu. Aufnahmen von Muttersauen in engen Kastenständen, verletzten Hühnern in riesigen Mastbetrieben oder ausgemergelten Kühen auf dreckigen Stallböden empören uns. Doch wie können wir diese Missstände beheben? Ist die Politik gefordert? Stellt bio eine Alternative dar? Wie stark ist die Kraft unseres eigenes Konsumverhaltens?

Auf dem eigenen Teller geht es los

Wir können das Leiden der Tiere in der industriellen Tierhaltung am schnellsten und effektivsten verringern, indem wir bei unserer Ernährung ansetzen. Massentierhaltung kommt von Massentierkonsum: Je weniger Fleisch, Milch und Eier wir essen, desto weniger Tiere müssen leiden und sterben.

Wussten Sie, dass es in Deutschland neben etwa 10 % VegetarierInnen und circa 1 % VeganerInnen auch 56 % FlexitarierInnen gibt, die ihren Fleischkonsum deutlich reduzieren wollen? Der Lebensmittelhandel und die Gastronomie reagieren auf diese Bedürfnisse: Je mehr pflanzliche Produkte nachgefragt werden, desto schneller wächst das Angebot. Gemeinsam können wir Massentierhaltung abschaffen!

Aufgabe der Politik?

Viele Menschen denken, es sei Aufgabe der Politik für ausreichende Gesetze und Verordnungen zum Schutz der Tiere zu sorgen. Man müsse nur genug Druck auf die Politik ausüben, damit sie ihrer Pflicht nachkomme.

Wir haben es versucht. Im Jahr 2014 sammelten wir rund 100.000 Unterschriften gegen Massentierhaltung, die wir dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags übergaben – sehen Sie hier unsere Diskussion mit den Ausschussmitgliedern. Der damalige parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Peter Bleser (CDU), sagte, »Es ist eine Unverschämtheit, wie Sie hier versuchen, die deutschen Landwirte zu diskreditieren! Wir haben die besten Tierschutzgesetze weltweit!«. Das enttäuschende Fazit der Diskussion: Lippenbekenntnisse und Eigenlob der zuständigen Stellen für angebliche Tierschutzerfolge. Es ist kaum zu erwarten, dass vonseiten der Politik zeitnah Veränderungen angestoßen werden.

Alles bio oder was?

Könnte bio die Lösung sein? Was viele Menschen nicht wissen: Auch in der Biohaltung werden die Brüder der Legehennen direkt nach dem Schlüpfen geschreddert oder vergast. Auch Biokühe werden künstlich geschwängert, damit sie Milch geben. Auch ihnen werden die Kälber entrissen. Auch Biokühe und Biohennen werden geschlachtet, sobald sie nicht mehr die gewünschte Leistung bringen. Und es gibt keinen Unterschied zwischen konventioneller Schlachtung und der Schlachtung von Tieren aus der Biohaltung. Entscheiden Sie selbst: Entsprechen diese Aufnahmen Ihrem Verständnis von bio?

Es ist wirtschaftlich kaum möglich eine Haltungsform zu bieten, die den zentralen Grundbedürfnissen der Tiere gerecht wird, wie z. B. Aufwachsen mit der Mutter, Baden im Schlamm oder Wasser, Nahrungssuche, Nestbau etc. Das gilt insbesondere für so viele Tiere, wie sie derzeit in Deutschland genutzt werden (750 Mio. werden jährlich geschlachtet.) Diesen Tieren ausreichend Platz zu bieten, ist unmöglich.

Schwache Gesetze und Kontrollen

Nach dem Tierschutzgesetz dürfen keinem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden. Leider sind katastrophale Missstände in der Massentierhaltung jedoch nicht nur an der Tagesordnung, sondern werden von den kontrollierenden Behörden sogar häufig hingenommen. In einem Jenaer Schlachthof war zwei Jahre lang die Betäubungsanlage defekt, sodass 25 % der Tiere ihre Zerlegung bei vollem Bewusstsein miterleben mussten. Die kontrollierenden Behörden beanstandeten den Zustand zwar wiederholt, drohten jedoch erst nach zwei Jahren mit der Schließung des Betriebes. Ein Einzelfall? Keineswegs: Lesen Sie hier eine bedrückende Auflistung von Skandalen aus den vergangenen Jahren.

Rechtsprechung bestätigt Missstände

Das Oberlandesgericht Naumburg bestätigte im Jahr 2018, dass erhebliche Tierquälerei und schwere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz keine Ausnahmen und die Kontrollen der Veterinärämter häufig vollkommen unzureichend sind. Angesichts dieser Zustände sei in besonders schwerwiegenden Fällen sogar das unerlaubte Einsteigen und Filmen in Tierhaltungsanlagen nicht strafbar, da die vorliegenden Missstände öffentlich gemacht werden müssten.

Auf der gleichen Linie argumentierte der Bundesgerichtshof in Berlin. Der MDR hatte heimlich erstellte Aufnahmen aus der Haltung von Bio-Legehennen ausgestrahlt. Ein Verbund von Bio-Erzeugern klagte dagegen, zumal die Aufnahmen keine Gesetzesverstöße dokumentieren würden. Dennoch urteilten die Richter, das öffentliche Interesse der Bevölkerung sei so hoch, dass die Zustände gezeigt werden dürften.

Tierleid überwinden?

Stellen Sie sich vor, Sie wären auf eine Gartenparty eingeladen mit einem opulenten pflanzlichen Buffet: Knusprige Seitan-Spieße, marinierte Big Steaks und pflanzliche Cevapcici brutzeln auf dem Grill. Erdnusssauce, BBQ-Sauce und Tzaziki stehen zum Dippen bereit. Ofenkartoffeln, Grillgemüse, bunte Salate, Mousse au Chocolat und Obstsalat runden das Angebot ab.

Stellen Sie sich weiter vor, auf dem Nachbargrundstück würden ein paar Schweine in der Sonne liegen, Hühner neugierig im Erdboden nach Körnern picken und eine große Kuh auf der Wiese grasen. Würden Sie da noch den Nachbarn bitten, für Sie ein Tier zu schlachten? Oder würden Sie sich am Buffet bedienen und den Tieren einfach dabei zusehen, wie sie ihr Leben genießen?

Dieses Beispiel entspricht den Wahlmöglichkeiten in unserer Gesellschaft: Unsere Supermarktregale sind gefüllt mit pflanzlichen Lebensmitteln. In einem der reichsten und privilegiertesten Länder der Welt leben wir im Überfluss. In aller Regel müssen wir Tieren keine Schmerzen oder Leiden zufügen. Wir müssen sie nicht töten. Wir können uns lecker und gesund ernähren, ohne dass Tiere leiden oder sterben müssen.


Bild © Lolostock - Shutterstock

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